Der letzte Montag in der Klinik war angebrochen. Nach dem Frühstück steht Bewegungstherapie auf dem Plan. Der Weg führt daher hinunter in den Keller des alten Klinikgebäudes. Meine beiden Zimmergenossinnen begleiten mich. Die Sporttherapeutin gab eine kurze Einführung und schon ging es los. Erwärmung. Immer im Kreis herum in der kleinen Sporthalle. Die Übungen sind auf die folgenden Bewegungen ausgelegt. Federball steht mal wieder auf dem Plan. Ich bin erleichtert. Zum Glück kein Zirkeltraining. Gleich zu Beginn hatte sie die Schläger ausgeteilt. Im Kreis laufend sollen wir verschiedene Bewegungen ausführen. Von einer zu anderen Seite schwingen. Über den Kopf haben oder in den Schultern kreisend. Die Schwünge sind teils so ausladend, dass mir die Enge des Raumes gefährlich erscheint. Als es mir zu unsicher wird suche ich mir eine Sicherheitsinsel in der Ecke der Halle.
Wir beginnen die Bälle hin und her zu schlagen. Erst langsam und behutsam, dann etwas energischer. Doch plötzlich sollen wir außergewöhnliche Schläge einsetzen. Mein Wohlfühlempfinden schwindet. Eine innere Barriere macht sich breit. Ich möchte die Bälle eigentlich weiterhin nur in bewährter Variante spielen. Doch die Therapeutin besteht auf ihre Experimente. Ich bin raus...
Zurück auf Station wartet bereits die Visite. Mit wehendem, weißen Arztkittel schwebte Professor Unaussprechlich über den Gang. Der ganze Ärztetross versammelte sich in dem ungemütlichen Gruppenraum. Nacheinander kamen wir an die Reihe. Die Stimmung beim Verlassen war sehr unterschiedlich. Sowohl fröhliches Lächeln als auch teilweise eine Art tiefer Schmerz schwangen in den Gesichtern mit...
„Es sei meine letzte Oberarztvisite auf Station“ konstatierte er. Weiterhin gab er mir zu verstehen, dass er meinem Wechsel zurück in die Tagesklinik optimistisch entgegen sah. Mein diesmaliger Start solle bereits gleich in Gruppe 3 erfolgen. Es klang alles so logisch. Doch ich war unsicher. Ziemlich verunsichert sogar. Gruppe 3. Eine Gruppe für Patient*innen, die bereits einige Tagen oder Wochen in der Tagesklinik verbracht hatten. Die schon einen gewissen Grundstock an Erfahrungen mit dem dortigen Therapiesystem sammeln konnten. Wochen, die eine Eingewöhnung ermöglichten. Ein Schauer lief mir den Rücken hinab. Ich lächelte tapfer... Zwar hatte ich mich im Vorfeld mit unterschiedlicher Literatur zu dieser Therapieform beschäftigt, machte mich das doch trotzdem nicht für die tatsächliche Arbeit damit bereit. Theorie und Praxis... Beides erschien mir aktuell absolut nicht kongruent...
Glücklicherweise hatte mir der Professor Unaussprechlich eine Verlängerung des Tagesausganges zugestanden. Der Termin dauerte wie vermutet länger. Selbstfürsorge hatte er es genannt. Ich nenne das Ergebnis eine geordnete Frisur.
Farblich waren wir uns wieder einmal nicht gleich ganz einig. Ich wusste nur, dass ich die Farbkombination mit Lila und Blau haben wollte. Doch wie immer gab es die ein oder andere kleine Frotzelei. Wie immer bestand sie auf ihre eigenen Ideen. Aber wie immer war das Ergebnis mehr als zufrieden stellend. Sie hatte wie so oft mit Farben gezaubert. Farben die in jedem Lichteinfall anders schimmerten. Die Farben strahlten – ich strahlte...
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