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Schreibblockade - oder eine notwendige Auszeit...

Es ist Montagmorgen gegen halb fünf als das Licht im Zimmer angeht und die Nachtschwester vor meinem Bett steht. Eine neue Infusion steht auf dem Plan. Doch es dauert eine ganze Weile, bis diese endlich läuft. Zwischenzeitlich ist meine Bettnachbarin aufgewacht und schaut verdutzt um sich. Die Woche beginnt mit Sporttherapie. Dazu muss man einmal durch das ganze Hauptgebäude gehen um im Keller zu dem Sportraum zu gelangen. Der Raum ist mit grauer Auslegeware versehen. In der hinteren Ecke steht ein Weihnachtsbaum. Mir ist gar nicht recht nach Weihnachts- und Adventszeit. Ich glaube das aktuelle, warme Wetter tut sein übriges. Als wir später von der Ergotherapie zurück zur Station laufen, fängt eine Mitpatientin an, von einer Verschwörung zu sprechen. Eigentlich sei doch demnächst Ostern und man habe hier den ganzen Weihnachtsschmuck nur zur Beruhigung der Patienten aufgestellt, damit die nicht merken wie lange sie denn eigentlich schon hier sind... Wir lachen herzhaft. Irgendwie liegt auch ein wenig Ironie in der Luft. Schwarzer Humor lässt eben auch manches leichter ertragen. Aber vorerst erfolgt die wöchentliche Oberarztvisite mit Professor Unaussprechlich. Die Schwester sucht die einzelnen Patientinnen, die eigentlich zu erst an der Reihe wären. Es geht nach Zimmernummer. Doch diese sind gerade zum Rauchen verschwunden. Dem Vorschlag, heute einmal in umgekehrter Reihenfolge zu verfahren, können sie irgendwie nicht folgen. Also bin ich als Erste dran. Im großen Gruppenraum sitzen neben Herrn Professor Unaussprechlich und einer mir bereits aus den Vortagen bekannten Schwester noch einige Damen. Eine Vorstellung findet nicht wirklich statt. Es ist mir aber in dem Moment auch ein wenig egal. Er spricht von Blutwerten und von den weiteren Tagen. Aber es ist mir irgendwie egal. ... Zwischenzeitlich sind mehrere Tage vergangen. Sie sind geschlichen und gleichzeitig verflogen. Teils verschwimmen die Erinnerungen ineinander. Manche verblassten aber auch einfach. Was passierte war mir teilweise egal. Und es war mir nicht egal. Ein Wechselbad der Gefühle. Doch ich habe endlich das Gefühl ein Stück weit angekommen zu sein. Angekommen im Hier und Jetzt. Den Infusionsständer bin ich endlich auch los. Nach mehreren Tagen, die ins Land gingen, gab es ein Konsil in der Endoskopie. Eine Magenspiegelung zur Abklärung der Magenschmerzen. Als Ergebnis wurde eine Magenschleimhautent-zündung festgestellt. Diese war aber zu dem Zeitpunkt bereits wieder fast abgeklungen. Gut – dachte ich mir. Ich wusste nun woran ich war - woran bin... Auf der anderen Seite ärgerte ich mich, dass man diese Untersuchung nicht schon eher durch geführt hatte. Mein Eindruck, dass meine Situation ausschließlich auf die psychologische Schiene geschoben wurde erhärtete sich. Täglich musste ich mich erklären und hatte trotzdem nicht das Gefühl, dass ich ernst genommen werde. Immer und immer wieder... Ich frage mich tatsächlich, ob auf einer anderen Station als dieser ebenso gehandelt worden wäre. Nun ja es ist jetzt nun so gelaufen, wie es gelaufen ist und die Vergangenheit – auch wenn es nur wenige Tages waren – lässt sich nicht mehr ändern. Doch nun - welch Wunder – der Tee, welcher in den davor liegenden Tagen unendlich schmerzte, wurden von Schluck zu Schluck erträglicher. Ein guter Schritt in die richtige Richtung. Es war also doch ein ganzes Stückchen Kopfsache. Von mal zu Mal ging auch die feine, aber undefinierbare Glattsuppe runter. Geschmacklich eher an eine Mischung von Brokkoli-Spargel-Suppe – vom Aussehen an Vanillepudding erinnernd. Ein Festessen ist etwas anderes. Für die Situation jedoch das Beste was passieren konnte. Vielleicht ist dies ja auch mal ein Thema für die Zeit in der Tagesklinik. Mittlerweile bin ich auch bereits wieder bei Normalkost angekommen. Auch die Trinkmenge ist im Normalbereich angelangt. Eine Voraussetzung dafür, dass ich nicht wieder an die Infusionskette gelegt werden muss. Daher tue ich mein Bestes. Und schließlich möchte ich – nein ich will – ja wieder zurück in die Tagesklinik und den begonnenen Weg fortsetzen. Das Ganze wird durch eine Festlegung der Ärzteschaft auch medikamentös unterstützt. Ein Mittel, was sich schützend auf den Magen legen soll. Und es hilft. Zumindest nach der Gabe am Morgen. Bei einer der nächsten Visiten werde ich wohl noch einmal fragen, ob die Einnahme auch zu den anderen Mahlzeiten möglich wäre, denn da sind die Probleme immer noch deutlich spürbar – doch ich kann sie einordnen. Unangenehm sind sie trotzdem. An den Tagesablauf habe ich mich nun auch ein wenig gewöhnt. Morgens fliegt die Zimmertür auf – mal mehr mal weniger intensiv – je nach dem, wer vom Pflegepersonal den morgendlichen Weckdienst verrichtet. Davon ist auch abhängig, ob das sanfte Licht oder gar die komplette „Festbeleuchtung“ aktiviert wird. Auch der Ton, der durch die Flure hallt ist sehr unterschiedlich. Von freundlich sanft bis kasernierend brutal ist alles vorhanden. Obwohl mir die sanfte Variante bedeutend lieber ist. Das Pflegepersonal ist situationsabhängig auch sehr ambivalent. Das die Personen sich deutlich von einander unterscheiden ist selbstverständlich und auch gut so. Doch was ich überhaupt nicht verstehe ist die gefühlte minütliche Ambivalenz eines Pflegers. In der einen Sekunde freundlich und zugewandt. Im nächsten Augenblick kann der Eindruck erwachsen, dass jede Regung eine mittelgroße Explosion hervor rufen könnte... Scheinbar eigne ich mich für ihn gut als Blitzableiter – so ist zumindest mein Gefühl. Doch irgendwann muss auch mal gut sein. Und wer austeilt, der muss auch mit der Reaktion umgehen können. Er schaut verdutzt. Später kommt er und bittet um Entschuldigung. Sollte ich ihn in den Reigen der Tierkreiszeichen einordnen sollen, dann würde ich ihn als Zwilling der besonderen Art definieren... Vielleicht frage ich ja bei Gelegenheit, ob meine Vermutung zutrifft... In der letzten Ergotherapieeinheit war ich wieder ohne Idee – oder besser gesagt ohne Elan. Meine ersten beiden Photokalender, die als Weihnachtsgeschenke gedacht waren, sind pünktlich fertig geworden. Die beiden, welche ich für mich selbst basteln wollte – oder will – liegen noch unangetastet im Karton. Mal schauen wenn ich wieder mal die Muse dafür habe... In den letzten Tagen bin ich zum Häkeln von Topflappen übergegangen – eine Art Übersprungshandlung. Ich brauche persönlich keine Topflappen mehr daheim. Aber meine neue Zimmergenossin war so begeistert von der Vorstellung... So habe ich beschlossen, dass ich ihr einfach aus der verbliebenen Wolle zwei Topflappen häkeln werde... Der erste ist zwischenzeitlich bereits fertig und der zweite ist in den letzten Maschen... In der Ergotherapie möchte ich aber auch keinen Kalender mehr basteln. Ich möchte dort eigentlich etwas tun, was ich so in der freien Zeit nicht tun kann – und Kalender basteln oder häkeln kann ich auch hier auf Station oder dann Zuhause. Also habe ich mir letzte Woche einmal das Material Speckstein vorgenommen. Ich hatte immer das Gefühl, dass dies so schwierig sei. Aber es ist recht einfach zu bearbeiten. Doch auch darauf hatte ich in der letzten Einheit keine Lust – mag auch daran gelegen haben, dass ich eine Schadstelle am Daumen habe, die ziemlich schmerzhaft ist und die ich nicht unbedingt mit dem Talkstaub des Specksteines in Berührung bringen möchte... daher pausierte ich in der Ergoeinheit... So gingen die Tage dahin... Ein wenig Bedarf zum Schreiben war da, aber gleichzeitig auch nicht... Energie hatte ich, aber gleichzeitig auch nicht... Wahrscheinlich war das die notwendige geistige Auszeit – im Wachzustand einfach die Stunden rinnen lassen und nichts tun. Oder nur das tun wozu der Körper und der Geist in der Lage waren... Und diese Auszeit tat gut...

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