Die Sonne scheint bereits an diesem Samstag. Der Wecker hat nicht geklingelt. Ich habe bis zum Aufwachen entspannt geschlafen. Ich fühle mich etwas verwirrt. Es ist ein Gefühl, wie beim Aufwachen nach der Narkose. Das liegt wahrscheinlich an dem Medikament, welches ich erst seit ein paar Tagen nehme. Nur stört mich das nicht wirklich. Es ist Samstag und es liegt nichts weiter an. So genieße ich diese Gefühl. Ein Gefühl wie zwischen den Welten. Nicht wirklich wach aber auch nicht schlafend. Irgendwas dazwischen... Scheinbar bin ich dabei auch wieder eingeschlafen. Als ich auf die Uhr schaue ist es schon früher Nachmittag. Was soll ich nun mit dem Tag anfangen? Einige Nachrichten bei WhatsApp werden auf dem Display angezeigt. Auch befinden sich einige E-Mails im Postfach. Diese sind jedoch meistens nur Werbung. Die WhatsApp-Nachrichten sind schon erfreulicher. Einige fragen, wie es mir geht. Nachdem ich die Fragen mal mehr mal weniger vollkommen ehrlich beantwortet habe, sitze ich da und überlege. Ich überlege, was ich noch tun könnte. Mein Sinn kommt mir auf dem Blog. Ja ich könnte mir die letzten Tage weiter auf dem Hirn schreiben. Schreiben was passiert ist und was es mit mir gemacht hat. Einfach raus. Ich merke immer mehr, dass mich das Ganze dann nicht mehr so beschäftigt. Es ist als ob es dadurch nicht mehr so brisant ist. Also schreibe ich. Und schreibe. Schreibe als ob es kein morgen mehr gäbe. Ich fühle mich befreit. Ich habe das Gefühl, als ob alles Schwere durch die Finger fließt... Zwischenzeitlich ist es bereits Abend geworden. Ich habe überhaupt nicht mitbekommen, wie die Minuten – gar die Stunden – verflogen sind. Aber es tat gut – unheimlich gut... Es ist kurz vor Mitternacht als ich meine Tabletten nehme... Das die eine Tablette kurz vor Mitternacht nicht unbedingt die beste Idee war merke ich am nächsten Tag. Der Sonntag beginnt wieder mit diesem Zwischenweltnarkosegefühl. Ein Schwelgen zwischen wach und schlafen... Ein komisches Gefühl. Ein leicht beängstigendes Gefühl. Aber ich genieße es... Als ich richtig wach geworden bin ist es bereits früher Nachmittag. Ich versende einige Grüße zum Adventssonntag. Bei manchen kommt nur eine gesellschaftskonforme Erwiderung zurück. Bei anderen ergibt sich eine richtiges Gespräch. Über die aktuelle Situation und auch über diesen Blog. Einige haben sich sogar die Zugangsdaten gewünscht... Die einzigen Bedingungen, welche ich stelle: Jede*r liest was, wann und wie viel in eigener Verantwortung und ich möchte einfach nur erfahren ob jemand etwas gelesen hat – ich will dabei nicht wissen, was gelesen wurde sondern nur ob. Denn damit weiß ich, ob ich die Maskerade der letzten Jahre weiter aufrecht erhalten muss. Ich habe durch meine Krankheit nämlich gelernt, dass Wahrheit nicht immer gut ist. Und viele Menschen einfach nicht mit der Krankheit Depression umgehen können. Viele, denen ich vertraut habe, sind klammheimlich aus meinem Leben verschwunden. Und das möchte ich nicht mehr – davor habe ich sogar so viel Angst. Angst wie der Teufel vorm Weihwasser. Denn Menschen an mich heran lassen fällt mir unheimlich schwer... Wahrscheinlich auch weil ich immer weider Angst vor dem Verlassen werden habe. Aber bei denen, die die Daten nun haben habe ich aktuell ein gutes Gefühl... Ich schreibe also weiter... Die Stunden fliegen erneut. Immer wieder wechsele ich zwischen der Blog-Seite und den WhatsApp-Nachrichten hin und her... Ich fühle mich dabei gut und ich werde durch die Nachrichten auch nicht wie sonst unheimlich müde. Dennoch bin ich heute so intelligent und nehme meine Tabletten eher. Schließlich ist morgen Montag und ein neuer Tag in der Tagesklinik wartet auf mich. Trotzdem ist es kurz vor Mitternacht als ich mich endlich von der Schreiberei trennen kann. Es wird eine kurze Nacht werden. Doch ich bin optimistisch, dass der Morgen gut wird. Optimistisch, dass das der Start für mein Morgenprozedere nicht wieder ewig dauern wird und ich nicht wieder fast zu spät in der Tagesklinik ankommen werden. Denn dies würde ich mir nicht wirklich verzeihen. Auch wenn das Team es wohl möglich gut verstehen könnte. Aber ich will meine Chance nutzen, ich will nicht wieder in meine Prokrastination verfallen.... Für mich steht dadurch meine Perspektive auf ein besseres Leben ohne oder auch mit dieser Krankheit nicht verspielen...
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