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Ungesunde Gewohnheiten

Es ist Samstag – Wochenende. Doch der Tag unterscheidet sich aktuell nicht von den anderen Tagen. Mir fällt es daher auch langsam schwer, nicht den Überblick über die Wochentage zu verlieren. In den letzten Wochen gab zumindest der Therapieplan ein wenig Anhaltspunkte. Die Therapieeinheiten waren für mich bisher zwar täglich fast immer das Selbe, doch lagen sie zu unterschiedlichen Uhrzeiten... Doch aktuell passierte ja nichts – es durfte ja auf Grund der Influenza zum Schutze Aller nichts passieren.

Also setzte ich mich nach dem Frühstücken hin und schrieb an dem ein oder anderen Text weiter. Die Texte brauchen auch jeweils etwas Gedeihenspflege. Sie müssen wachsen. Erst in meinen Gedanken und dann auf Papier bzw. in einer Datei. Erst danach finden sie den Weg in den Blog. Mit etwas Abstand relativieren sich manche Dinge auch einfach. Daher warte ich immer bis der Text bereit ist. Bereit für sein Entstehen. Ich saß also an meinem Laptop und tippte die ersten Worte des Beitrages. Nebenbei kommunizierte ich noch online mit ein paar guten Freunden und Bekannten. Wenn ich mir meine WhatsApp-Liste so anschaue sind es auch mehr als ich immer dachte. Die einen melden sich fast täglich, andere eher seltener aber deswegen nicht weniger herzlich...

Mein Bildschirm zeigte mir eine neue Nachricht an. Einen Link zu einer Internetplattform – oder eigentlich nur einen Verweis auf einen Artikel zu einer neuen Internetplattform. Da jedoch keine weiteren Hinweise dazu kamen, war ich etwas verunsichert und verwirrt. Ich fragte also nach. Doch das war auch wieder nicht richtig. Ich kann ja aber schließlich niemandem vor - oder besser gesagt - in den Kopf schauen. Auch kann ich aus einer solchen Nachricht schlecht erahnen, dass bereits ein anderer Bekannter diese App, über die der Artikel berichtete, installiert und ausprobiert habe. Es entstand eine Art strittige Kommunikation in der ich wieder den Eindruck bekam, dass ich schlecht und mein Gegenüber ohne Fehl und Tadel zu sein schien. Ich solle doch mal über mich und meine Aussagen nachdenken. Ich solle doch wieder die intelligente Person von früher werden. Ich solle doch wieder vernünftig sein. Ich solle doch wieder weg von den Medikamenten kommen... Ich soll – ich soll – ich soll... Mein Wunsch und Ansinnen, dass man sich den Verlauf der Nachrichten doch bei Gelegenheit noch einmal - mit etwas weisem Abstand - anschauen möge, wurde gefühlt sofort negiert. Schade und eigentlich auch sehr traurig. Denn eine gesunde Kommunikation hat aus meiner Sicht immer mindestens zwei Beteiligte. Und gesunde Kommunikation sollten nach meinem Gusto respektvoll und weitestgehend vorwurfsfrei erfolgen. Diese Kriterien erfüllten unsere Wortwechsel schon seit einiger Zeit oft nicht mehr. Ich würde ständig Dinge vergessen, die ich bis zu dem jeweiligen Zeitpunkt bisher jedoch noch nie gehört hatte. Und ich allein sei für alle Missverständnisse verantwortlich. Klar spielen auch Emotionen und aktuelle Situationen eine Rolle innerhalb eines freundschaftlichen Kontextes. Und ja – auch Missverständnisse sind erlaubt. Aber so bitte nicht! Ich las mir also den vorangegangen schriftlichen Dialog wieder und wieder durch. So wie ich mir viele unserer Unterhaltungen und Chat-Nachrichten wieder und wieder mit einem Blickwinkel der Vernunft zu Gemüte führte. Ich war ratlos – und eigentlich bin ich es immer noch. Schließlich sollte ich doch die Verantwortung dafür übernehmen, dass das Gespräch so verlaufen war. Ich sei ja schließlich nicht mehr die, die ich einmal war. Und ja das stimmt auch – ich bin auf dem Weg mit Hilfe dieser Therapie hoffentlich endgültig zu einem gesunden erwachsenen Menschen zu reifen. Und ja der Weg ist hart. Hart nicht nur für mich. Aber Vorwürfe, dass es falsch sei diesen Weg einzuschlagen – und solch ein Vorwurf stand im Raum – enttäuschten mich. Enttäuschten mich sehr. Gerade von dieser Person. Und es sollte nicht die einzige Vorhaltung sein. Ich würde verletzend sein. Und ich würde die gute Laune der letzten Tage zerstören. Ich wollte solche Bezichtigungen nicht mehr stimmlos erdulden. In den letzten Wochen und Monaten wurde ich oft von meinem Gegenüber missverstanden. Auch verbale Verletzungen habe ich oft kommentarlos hingenommen. Ich versuchte erneut mich zu erklären. Vor allem wertfrei und ohne Schuldzuweisungen. Denn keiner hatte Schuld. Aber wir beide waren daran beteiligt. Also schlug ich noch einmal den Blick aus der Metaebene vor. Ohne Erfolg. Mir wurde einmal mehr deutlich, dass wir uns also mal wieder in einer kommunikativen Sackgasse befanden. Scheinbar ohne sinnvollen Ausweg. Vor allem ausschließlich nur mit einer Zurechtweisung meiner Gedanken, meiner Gefühle und meiner Ansichten. Ja mit einer Zurückweisung meines Ichs. Es war eine Spirale, die mir nicht gut tut. Doch für ein angemessenes Konter war ich einfach zu sprachlos.

Und plötzlich kam der Hinweis, dass es doch besser wäre die Kommunikation für die nächste Zeit zu unterbrechen. Ich fragte mich tatsächlich für wen von uns beiden dies eigentlich die richtigere Entscheidung wäre. Trotzdem machte mich der Gedanke traurig. Unendlich traurig. Hatten wir doch bisher bereits viele gute Momente erleben dürfen und auch die ein oder andere schwierigere Klippe gemeinsam überstanden...


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